Gedenkveranstaltung am 70. Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz
Eine beachtliche Anzahl Lüdenscheider Bürgerinnen und Bürger trotzten Regen und stürmischem Wind und nahmen an der Gedenkfeier teil, die am 70. Jahrestag des Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz an die unvorstellbaren Leiden der Menschen jüdischen Glaubens erinnerte. Unter den dort Umgekommenen waren auch zehn Lüdenscheider jüdische MitbürgerInnen, wie Bürgermeister Dieter Dzewas berichtete. Wie Hella Goldbach, die für die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit sprach, betonte auch Dzewas, dass aus der Erinnerung an die damaligen schrecklichen Geschehnisse die Verantwortung für heute erwachse: Flüchtlinge willkommen heißen und gegen jede Form von Rassismus und Antisemitismus anzugehen.
Wohl zum ersten Mal war mit Cengiz Varli ein muslimischer Mitbürger bei dieser Gedenkfeier zugegen. Zusammen mit Christa Bätz sprach er als Vertreter des Interreligiösen Forums Lüdenscheid. Gemeinsam betonten sie:
„Wir sprechen hier als Vertreter des Interreligiösen Forums Lüdenscheid. Mit Hella Goldbach und Reuven Barack stehen wir hier als Vertreter der Religionen, die sich auf Abraham als Stammvater beziehen.
Gemeinsam verurteilen wir jede Art von Gewalt, die im Namen unserer Religionen ausgeübt wird. Wir betonen: Juden, Christen und Muslime glauben an einen friedliebenden Gott. Wer Gewalt ausübt, missbraucht den Namen Gottes.
Wir sind entsetzt über die Terroranschläge in Paris, bei denen ganz gezielt auch Juden zu Opfern wurden. Wir versprechen: wir werden alles tun, um gegen Antisemitismus vorzugehen genauso wie gegen alles, was Menschen anderer Religionen herabwürdigt.
Wir verneigen uns vor den Menschen jüdischen Glaubens, die in Auschwitz und anderen KZs Unfassbares erlitten haben. Die Erinnerung an sie soll uns Ansporn sein, die Menschenwürde jedes einzelnen zu schützen und zu verteidigen – unabhängig von seiner Religion oder Nationalität.“
Unter der Gedenktafel wurden Blumen niedergelegt, und Reuven Barack aus Israel sprach das Kaddisch, das traditionelle jüdische Totengebet.
Anschließend an die Gedenkfeier gab es im Vortragssaal der Stadtbücherei Informationen über das Lager Auschwitz-Birkenau und eine Lesung über Literatur, die sich mit Auschwitz auseinandersetzt. Hella Goldbach berichtete über grausame Einzelheiten der Menschenschinderei, Entwürdigung und Tötungen, die unvorstellbar erscheinen – von ihr belegt mit Fotos.
Dr. Marlies Obier und Werner Stettner aus Siegen lasen aus John Boyles Roman „Der Junge im gestreiften Pyjama“. Auch Texte von Paul Celan, Nelly Sachs und Rose Ausländer brachten sie eindrucksvoll zu Gehör und erinnerten an Heinrich Böll und andere Autoren der Nachkriegszeit, die die Verbrechen der Nazizeit thematisiert haben.
„Der Tod ist ein Meister aus Deutschland“, die mehrfach wiederholte Gedichtzeile aus Paul Celans „Todesfuge“, wohl jedem der Anwesenden bekannt, wirkte in diesem Rahmen besonders ergreifend.
Mit einer Eigenkomposition über Psalm 26, die sie am Klavier vortrug, gab Yasmin Alijah der Veranstaltung einen festlichen Rahmen. Die Anwesenden konnten den Text mitverfolgen, und die Psalmworte „Wenn der Herr die Gefangenen Zions erlösen wird, dann werden wir sein wie die Träumenden …“ wie auch die Hoffnung ausstrahlende Musik lösten ein wenig die Beklemmung über das Gehörte und Erinnerte. Bedeutsam auch der Ort der Veranstaltung: im heutigen Vortragssaal der Stadtbücherei befand sich einst der Betsaal der jüdischen Gemeinde. Deshalb ist auch die Gedenktafel an der Wand der Stadtbücherei angebracht.
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