Im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung hat das Emnid-Institut in Deutschland und der Türkei eine aktuelle Befragung durchgeführt.

Die wichtigsten Ergebnisse und die daraus resultierenden Schlussfolgerungen für ein gelingendes Miteinander:

1. Muslime in Deutschland sind mit Staat und Gesellschaft eng verbunden – unabhängig von der Intensität muslimischen Glaubens.

2. Das Leben als religiöse Minderheit prägt religiöse Orientierungen und Werthaltungen der Muslime in Deutschland. Diese denken häufiger über Glaubensfragen nach und sind insgesamt liberaler als Muslime in der Türkei.

3. Der offenen Haltung vieler Muslime in Deutschland steht aber eine zunehmend ablehnende Haltung der Mehrheit der Bevölkerung gegenüber. Die 4 Millionen in Deutschland lebenden Muslime leiden unter einem negativen Image, das vermutlich durch die kleine Minderheit der radikalen Islamisten (weniger als 1 % aller Muslime) geprägt wird.

4. Islamfeindlichkeit ist keine gesellschaftliche Randerscheinung, sondern findet sich in der Mitte der Gesellschaft. Islamfeindlichkeit als salonfähiger Trend kann zur Legitimation diskriminierender und ausgrenzender Verhaltensweisen gegenüber einer Minderheit genutzt werden.

5. Regelmäßige persönliche Kontakte helfen Vorurteile gegenüber Muslimen abzubauen. Häufig aber fehlen die Gelegenheiten.

Schlussfolgerungen für ein gelingendes Miteinander:

● Der Islam ist ein Teil Deutschlands und sollte mit den christlichen Konfessionen und dem Judentum in Deutschland gleichgestellt werden.
Diskriminierung von religiösen Minderheiten muss in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft präventiv verhindert und konsequent bekämpft werden.
Wir brauchen eine aktive Gleichstellungspolitik, die Menschen unabhängig von ihrem religiösen oder ethnischen Hintergrund in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft fördert und ihr Potenzial anerkennt.
Beispielsweise sind anonyme Bewerbungsverfahren bewährte Instrumente gegen die Diskriminierung am Arbeitsmarkt.

● Deutschland muss für seine Zukunftsfähigkeit eine Kultur der Anerkennung und der Offenheit entwickeln, die religiöse wie kulturelle Vielfalt zulässt und den Zusammenhalt in der Gesellschaft festigt. Die institutionelle Anerkennung des Islams schreitet voran; in der Bevölkerung dagegen nehmen Ängste und Ablehnung zu wie auch jüngste Entwicklungen (Pegida) zeigen. Diese Entwicklungen müssen ernst genommen und breit diskutiert werden. Keinesfalls sollte man diese Debatten Extremisten oder Populisten überlassen.

● Wir benötigen mehr Wissen über die religiöse Vielfalt in der Gesellschaft. Muslime als größte religiöse Minderheit in Deutschland stellen eine sehr heterogene Gruppe mit Wurzeln in vielen verschiedenen Ländern sowie mit unterschiedlichen religiösen Ausrichtungen und Sichtweisen dar.
Vielfältige Gesellschaften benötigen ein umfangreiches Wissen über die Vielfalt im eigenen Land. Das ist eine Voraussetzung, um an die Lebenswirklichkeit religiöser Minderheiten anknüpfen zu können sowie Stereotype und Vorurteile in der Mehrheitsbevölkerung zu reduzieren.

● Deutschland braucht ein inklusives Wir-Gefühl, das unterschiedliche Religionen und Kulturen umfasst.
Viele gehen davon aus, dass Muslime keine Deutschen sein können und Deutsche keine Muslime, als ob es sich hierbei um zwei sich gegenseitig ausschließende Gruppen handeln würde. Mittlerweile ist der Großteil der Muslime in Deutschland geboren und aufgewachsen. Deutschland ist für sie Heimat.
Diese Zugehörigkeit der Muslime sollte nicht infrage gestellt, sondern auch in öffentlichen Debatten deutlich werden.
Ein neues inklusives Wir-Gefühl entsteht zudem, wenn alle gemeinsam die Herausforderungen des Zusammenlebens bewältigen und sich weniger an unterschiedlichen Religionszugehörigkeiten oder der unterschiedlichen Herkunft, sondern vielmehr an der gemeinsamen Zukunft orientieren.
Begegnung und Kooperation über die Grenzen der eigenen Religion hinaus kann vor allem im unmittelbaren Lebensumfeld der Menschen stattfinden.

● Gesellschaftlichen Dialog und Begegnung fördern. Nur wer sichfreiwillig und gleichberechtigt im Alltag begegnet, entwickelt auchVertrauen.
Wir müssen als Gesellschaft Gelegenheiten für Begegnung und Dialog zwischen den Angehörigen verschiedener Religionen bieten, die nicht im theologischen Diskurs verhaftet bleiben, sondern Menschen in ihren Nachbarschaften und im Alltag zusammenführen. Gerade die gemeinsame Lösung alltäglicher Herausforderungen schafft Vertrauen und stiftet Freundschaften.

Der ausführliche Text findet sich unter  http://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/Projekte/51_Religionsmonitor